Carmen
Die Oper von Georges Bizet hat - vom Melodram bis zum Soft-Porno oder einer strengen Bühnenverfilmung schon zahllosen Regisseuren Filmideen geliefert. Zuletzt versuchten sich der Spanier Carlos Saura und der Franzose Jean-Luc Godard an dem dramatischen Stoff. Aber auch der Musical-Klassiker "Carmen Jones" aus dem Jahre 1954 läuft zur Zeit wieder in Programm-Kinos.
Der Italiener Francesco Rosi, der sich mit knallharten Polit-Thrillern über die Mafia („Wer erschoß Salvatore G?“) einen Namen machte, liefert jetzt die Oper ohne Theatergeruch. Er drehte an spanischen Originalschauplätzen mit den Weltstars Ruggero Raimondi, Placido Domingo und Julia Migenes Johnson (Carmen).
Rosi über seinen Film: „Oper auf der Kinoleinwand niemand weiß, was das wirklich ist. Wie meine anderen Filme drückt sich auch dieser durch starke Gefühle aus. Ich wollte erreichen, daß jede Note einem bestimmten, dem Zuschauer richtig und natürlich erscheinenden Bild entspricht.
So habe ich mich von Anfang an entschlossen, den Film in ein reales Umfeld zu stellen, durchaus authentische Elemente des kulturellen Lebens Spaniens aus dieser Epoche miteinzubringen. Tod, Tragödie, aber auch Lebensfreude wird von Andalusiern und Zigeunern vor allem durch Gesang und Tanz ausgedrückt.
Deshalb enthält Carmen eine im weitesten Sinne des Wortes choreographische Konzeption. Es muß nicht unbedingt Tanz sein, vielmehr handelt es sich um eine Art Körpersprache, die zur Welt des Tanzes gehört.“
Francesco Rosi hat sich für diese Choreographie Antonio Gades geholt, mit dem bereits auch Saura gearbeitet hat. Darüberhinaus ist es ihm gelungen, aus den Opernstars auch schauspielerische Leistungen herauszuholen – ansonsten bei Opern-Verfilmungen oft ein Schwachpunkt.
In seinem Sinn für Realismus ließ er gar Ruggero Raimondo als Stierkämpfer Escamillo und Placido Domingo als Don Jose bei ihrem Duell um Carmen mit echten Messern und Degen kämpfen und in unwegsamem Gelände auf Pferderücken zu Playback agieren.
Die Pferde sind nicht scheu geworden. Und Julia Migenes Johnson, eine explosive Mischung aus griechischen und puertoricanischen Elternteilen, fasziniert als Carmen durch eine handfeste sinnlich-erotische Ausstrahlung. So ist Rosi eine Carmen-Version gelungen, die sich weder Opern- noch Film-Freaks entgehen lassen sollten.
Kinostart: 23. November