Dichtung und Wahrheit


Die kultische Verehrung, mit der restrebellische Studienräte der Lyrik Lou Reeds huldigen, bleibt auch nach Veröffentlichung des hübsch anzuschauenden Songtext-Buches „Between Thought And Expression“ (Hyperion Verlag, New York) schleierhaft. Die eher strengen Verse beklagen mit der Monotonie einer Gebetsmühle das miese Leben der weißen Mittelklasse-Amerikaner — zu denen sich auch Reed zählen darf. Die volle Naivität des Sängers kommt allerdings in seinen ebenfalls abgedruckten Interviews mit Vaclav Havel und Hubert Selby zum Ausdruck: Verklemmt und kindisch wie aus einer schlechten Schülerzeitung. Die Selbstdemontage eines Mythos.