Die 20 besten Wave-Pop-Alben der 80er
Acts wie Drangsal und DIIV beschwören den vernebelten Geist der 80er. Zeit für eine Liste, die dem Wave-Pop-Sound dieser Dekade gewidmet ist.
Falco
EINZELHAFT
1982
Die Produktion des Solodebüts des Drahdiwaberl-Bassisten Falco ist eindeutig die eines 80s-Popstars: schnittig, koksfiebrig und doch auch neonlichtkühl. So begegnen sich auf EINZELHAFT der Berlin-Bowie, die Softrock-Eleganz von Hall & Oates und vor allem eine überraschend unpeinliche Interpretation von Funk und Rap. Falco versuchte den neuen US-Sound nicht einfach zu kopieren, sondern prägte einen eigenen Stil. Sein manchmal fast nach Lautmalerei klingender Mix aus Hochdeutsch, Rapfloskeln und süffisantem Wienerisch war so eigenwillig, dass er trotz Sprachbarriere bald sogar wieder in die USA feedbacken sollte. Sprachbeherrschern eröffnete er eine eigene Welt: eine Wien-Scene, durch die Falco lustig spottend, lustvoll, fast lüstern wandelte wie eine Kreuzung aus Adolf Kottan, Michael Jackson und Monaco Franze. Der europaweite Hit „Der Kommissar“ fehlt auf keiner einschlägigen Compilation. Doch viel wichtiger ist: EINZELHAFT gehört zu den ganz wenigen Alben aus dem NDW-Mainstream, die man sich auch über 30 Jahre später noch anhören mag. Oliver Götz
* Das Stück „Ganz Wien“ über die harte Drogenszene ebendort nahm Falco zuerst mit Drahdiwaberl auf, dann solo auf Englisch und für sein Solodebüt dann auch auf Deutsch. In der ersten Version (und nur der) stand es beim Radiosender Ö3 auf dem Index.
Simple Minds
NEW GOLD DREAM (81−82−83−84)
1982
Anfang der 80er sind die Simple Minds aus Glasgow eine ambitionierte Post-Punk-Band, die mit synthetischem Minimalismus und avantgardistischer Kakofonie arbeitet – allerdings ohne nennenswerten Erfolg. Der kommerzielle Durchbruch gelingt erst nach Personal- und Labelwechsel und einer Kurskorrektur in Richtung hymnisch-schwelgerischer Popsongs. Von denen bietet NEW GOLD DREAM eine Menge: „Promised You A Miracle“, „Glittering Prize“ und „Someone Somewhere In Summertime“ sind Ohrwürmer. Genau wie das Titelstück, das im Gegensatz zu den genannten drei Songs jedoch nie als Single erscheint. Oder „Hunter And The Hunted“, bei dem Herbie Hancock im Hintergrund auf den Keyboardtasten soliert. NEW GOLD DREAM wird zum ersten Bestseller der Band. Und es dauerte noch eine Weile, bis der ganze Bombast in Kitsch umschlug. Marcel Anders
* Laut Sänger Jim Kerr gingen U2 mit einem Exemplar von NEW GOLD DREAM zu Brian Eno und sagten: „Genau so wollen wir klingen!“ Das Ergebnis: THE UNFORGETTABLE FIRE.
Wall Of Voodoo
CALL OF THE WEST
1982
Synthetischer Beat, schön abgefedert, Keyboards und synkopische Gitarren, zurückhaltende field recordings, dazu eine alles überlagernde Fröhlichkeit, nur keine Hektik: So klang das zweite Album dieser New-Wave-Cowboys aus Los Angeles. Zugleich zog sich eine wimmernde Mundharmonika durch beinahe alle Titel und hob diese Musik mindestens ebenso sehr vom vorherrschenden Synthiepop der Zeit ab wie der Akzent von Stan Ridgway, der in breitestem Amerikanisch berührende Kurzgeschichten über leere Pools, leere Geldbeutel und leere Kofferräume vortrug. Es ging um die dunkle Seite nicht nur des Kontinents, sondern der ganzen westlichen Zivilisation. Dabei wirken die meistens Songs wie Versuchsanordnungen für den einen kleinen Hit, den Kristallisationspunkt und größten Erfolg der Band: „Mexican Radio“ über einen Amerikaner, der sich in den Süden verirrt hat. Arno Frank
* ME-Autorin Ingeborg Schober gab dem Album damals in ihrer Besprechung die ******-Höchstwertung.
Martha And The Muffins
DANSEPARC
1983
An ihrem Sound besaß die kanadische Band mit dem leicht infantilen Namen – 1977 gegründet und bis heute aktiv – ganz bestimmt kein Copyright. Der Blick auf die New Yorker CBGB-Szene, vor allem auf Blondie und die Talking Heads, war unverhohlen. Auf ihrem vierten, von Daniel Lanois produzierten Album war die Band noch ziemlich hektisch unterwegs, vor allem die aus der New Wave überlieferte Rhythmusgitarre und zwei Gastsaxofonisten verbreiteten Nervosität. Aber wer DANSEPARC Zeit gibt, erkennt, wie geschmackssicher Martha Johnson und ihre drei Muffins sich vorwagten in ihre Musik, die Pop und Avantgarde zugleich sein wollte – und genauso wie Marthas souverän-dunkler Gesang oft ziemlich genau die Mitte traf. Oliver Götz
* In der Band gab es zeitweise zwei Marthas. Martha Ladly zog 1982 nach England, sang und spielte bei The Associates und Robert Palmer mit und gehörte als Künstlerin zu Peter Savilles (Factory Records u.a.) Grafikteam.