Die Atlantis Story – 2.Teil
Nach der England-Tour hatte Atlantis sich eigentlich vorgenommen, ein paar Wochen wohlverdiente Pause zu machen. Aber alles kam mal wieder ganz anders als geplant.
Gitarrist GEORGE MEYER brauchte mehr als nur ein paar Wochen Urlaub, er klinkte sich ohne grossen Kommentar aus Hamburg aus und reiste zurück in seine Heimatstadt Bremerhaven. Drummer UDO LINDENBERG hat inzwischen eine Solosingle mit dem Titel ‚Rock’n’Roll Kapelle‘ herausgebracht. Mit einigen Jungs aus der Hamburger Szene machte er sich auf den Weg ins westfälische Münster. Dort wird momentan fleissig geübt, sodass man über kurz oder lang neue Töne von einer neuen Band hören wird, mit der Udo vorhat, die deutschen Bühnen zu erobern.
Der verbliebene Kern von Atlantis, der auch schon der Kern von ‚Frumpy‘ war, machte sich derweil auf die Suche nach neuen Leuten. In dem Haus, das Inga, Karl-Heinz und Jean-Jaques in Hamburg-Harburg bewohnen, fanden einige Sessions mit den verschiedensten Musikern statt. Eine Zeitlang sah es so aus, als würde Ex-Frumpy Drummer Carsten Bonn wieder einsteigen. Schliesslich aber hatte man einen neuen Gitarristen und einen neuen Schlagzeuger gefunden: RINGO FUNK kam aus Frankfurt. Er trommelte bislang bei Jeronimo. Aus Dortmund stammt Gitarrist DIETER BORNSCHLEGEL. In wenigen Wochen wurde intensiv geprobt, neue Stücke wurden einstudiert, denn die Termine drängten. Nach einigen ‚gewöhnlichen‘ Gigs in deutschen Landen stand nämlich ein ungewöhnlicher bevor, eine Art Feuerprobe sozusagen: Das ‚German Rock Super Concert‘ in der Frankfurter Festhalle.
Kurtie erinnert sich
Das Thema ‚Atlantis‘ wurde an diesem Abend zum ersten Mal zu einem Gesprächsthema für mich, als ich den frischgebackenen neuen Passport- und Ex-Atlantis-Drummer Kurt Cress hinter der Bühne aufriss. Das letzte Mal hatten wir zwei uns in einem Jazz-Keller in München getroffen. Kurtie war damals gerade ein paar Tage zuvor von Atlantis und von Hamburg weggegangen und es ergab sich so, dass wir nur wenig über Musik sprachen und uns stattdessen lieber einen schönen Abend machten. Nun sass der Cress hinterm Schlagzeug von Klaus Doldinger’s Jazz-Rock ‚Passport‘ und das schien mir der richtige Zeitpunkt zu sein, um noch ein wenig intensiver nach den Gründen zu fragen, die dazu führten, dass sich die Wege von Kurt und Atlantis trennten. Kurtie:
„Wenn ich mich nicht gleich von Anfang an mit den übrigen Atlantis-Mitgliedern, die in der ersten Besetzung dieser Band waren, verstanden hätte, wäre ich wohl nie mit von der Partie gewesen. Aber selbst, als ich mich von der Gruppe trennte, geschah das in allgemeinem Einvernehmen und es hat meine freundschaftliche Beziehung zu Inga, Karl-Heinz und Jean-Jaques in keiner Weise verändert Ich verstehe auch nicht, warum der Atlantis-Wechsel in einigen Zeitungen zu einem Gruppen-Konflikt gemacht oder aber auch peinlich verschwiegen wurde. Ich habe als Atlantis-Drummer einiges dazugelernt und eine schöne Zeit gehabt Ausserdem war ich neugierig, ob meine Musikvorstellungen mit denen der anderen in der Band auf einen Nenner zu bringen war. Dass es nicht geklappt hat empfinde ich als einen normalen, unter Musikern alltäglichen Vorgang. Es gibt soviel verschiedene und trotzdem dufte Musik.“
‚Für die Lady‘
Kurz vor dem Gig sass ich zusammen mit Inga, Karl-Heinz und Ringo im Atlantis-Opel. Ein bisschen Spannung lag schon vor diesem nicht gerade unwichtigen Auftritt in der Luft, aber ‚knistern‘ tat es auch nicht. Man einigte sich noch einmal über die Songs, die gespielt werden sollten. Ab und zu kamen mal Jungs mit Autogrammwünschen. Irgendwann kreuzte auch ein Mädchen auf, das Inga ein wenig verlegen einen kleinen Blumenstrauss überreichte, nur ‚Für die Lady…‘ sagte und wegging.
Gelungener Gig
Bei dem Super-Deutsch-Rock-Ding in Frankfurt erwischte Atlantis eigentlich einen recht günstigen Auftritts-Termin.
Es muss so kurz nach 21.00 Uhr gewesen sein, denn man konnte es in der Frankfurter Festhalle schon recht deutlich merken, als die Beleuchtung über dem Publikum erlosch und die Scheinwerferstrahlen sich auf die Bühne konzentrierten. Die Bands, die vorher gespielt hatten, konnten von diesem Lichteffekt nicht so sehr profitieren, weil das Tageslicht, das durch die grossen Hallenfenster reinkam, beinahe so etwas wie eine Sonntagnachmittag-Open-Air-Atmosphäre schuf.
Auf der Bühne startete Atlantis gleich in den Lets-Get-On-The-Road-Again-Groove. Zwar stand die Band wegen des allgemeinen Zeitdrucks auf diesem Festival nur ca. ’ne halbe Stunde auf den Brettern, trotzdem kann man von einem gelungenen Gig sprechen. Erstaunlich, wie schnell sich die neue Besetzung der Gruppe musikalisch gefunden hat Ein paar Tage nach dem Festival hatte ich Jean-Jaques noch einmal an der Telefon-Strippe. Wir sprachen darüber, dass sich momentan das Frumpy-Live-Doppelalbum ein wenig besser verkauft als die Atlantis-LP. Jean-Jaques:
„Eigentlich ist das nicht so überraschend für mich, wenn man bedenkt dass Frumpy ja nicht mehr existiert und inzwischen vermutlich so etwas wie ein Mythos geworden ist. Ausserdem spielt die Tatsache, dass die beiden Live-Platten so teuer sind wie ein normales Album sicher auch eine Rolle.“
Es ist schon komisch, wenn man die Karriere dieser Band ein wenig unter die Lupe nimmt. Vor einigen Jahren, als das Wort ‚Deutsch-Rock‘ noch gamicht aktuell war, fädelte sich die Geschichte so langsam ein, die Inga zu dem gemacht hat, was sie heute ist: Unser Rock-And-Roll-Preacher-Mädchen. Made in Germany. Bereit, die Welt zu erobern.
Wie war noch gleich der Name? Frumpy?
Es muss schon bald drei Jahre her sein, aber ich kann mich beinahe noch so gut daran erinnern als wäre es gestern gewesen. Damals hingen Plakate von einem Spooky Tooth Konzert in Münster herum. Münster, das war die einzig grössere Stadt in der Gegend, in der ich gross wurde und wie der Zufall so spielt, stehen Atlantis gerade heute abend wieder dort auf der Bühne während ich diese Zeilen durch die Schreibmaschine knalle. Vor drei Jahren stand Frumpy im Vorprogramm von Spooky Tooth, und ich hatte weiss Gott keine Ahnung, was für ein Ding da auf mich wartete. Als dann diese unbekannte einheimische Band ihren Gig startete und Inga ihre Version des Julie Driscoll-Knüllers ‚Indian Rope Man‘ vom Stapel liess, Mann, da wusste ich echt nicht mehr was los war. Wie war noch gleich der Name? Frumpy? Warum kenn‘ ich die noch nicht? Wer ist denn bloss dieses Wahnsinns-Mädchen? Inga? Und wo kommen die her? Aus Hamburg? Das muss ich mir aber unbedingt merken …
Rock-Idole
Ein knappes Jahr später konnte man den Namen ‚Frumpy‘ wieder an allen Plakatsäulen in Münster lesen. Diesmal war er schon reichlich bekannt, denn dafür hatte der Gig im Vorprogramm der Spookies und das erste Frumpy-Album ‚All Will Be Changed‘ inzwischen gesorgt Die Jungs und das Mädchen aus Hamburg hatten sich in deutschen Landen rasend schnell zu einer Zugnummer entwickelt. Irgendwie war es mit Frumpy anders als bei Konzerten von englischen oder amerikanischen Gruppen. Die Rock-Idole aus London oder Los Angeles sind oft die Stars aus einer fremden, unwirklichen Welt. Unsere Bands sind da schon viel eher ein Teil von uns selbst. Ich meine, Inga schüttelt man schon mal eher freundschaftlich die Hand anstatt sie um ein Autogramm bitten.
So, das war dann der 2. Teil der Atlantis-Story. Right on!!!