Eric Clapton – Tour 77: Old Slowhand bringt’s noch immer


Das war s also gewesen! Eric Clapton, der Gitarrengott, der kein Gott ist, aber noch immer ein verdammt guter Gitarrist, war wieder mal auf Deutschlandtournee. Nach einer mittelmäßigen LP „No Reason To Cry“, ohne vorherige Interviews und große Werbekampagnen, wartete man skeptisch auf das Ereignis. Doch dann tönten aus (fast) allen Ecken nur Lobeshymnen.

Das letzte Konzert lief in München, das einzige, das ich gesehen habe, und es lief nicht so, wie man es sich auf beiden Seiten gewünscht hatte. Zum Trost gab es als Zugabe eine Pingpong-Schlacht mit ein paar Hundert Bällen auf der Bühne, wo Eric Clapton and his Band zusammen mit Ronnie Lane’s Slim Change den Abschluß der Europatournee feierten. Das Ergebnis endete mit einem ausgelassenen 1:1, und selbst Clapton wurde so mit ins Geschehen verwickelt, daß er vergaß, den Blues „Irene Goodnight“ zu spielen und sich ein paar Mal zu einem leichten Lächeln hinreißen ließ. Sonst aber, konnte man von Seiten des Veranstalters hören, war der Gitarrist mit seinem Konzert nicht sehr zufrieden.

Das Dilemma begann schon mit der übergroßen, sterilen Olympiahalle, die Clapton auf seiner letzten Tournee doch gut zur Hälfte gefüllt hatte. Dieses Mal waren nur rund 3000 Besucher gekommen, die trotz der Vorhänge, mit denen man den überflüssigen Platz abgetrennt hatte, noch reichlich verloren wirkten. Und die Akustik wurde dadurch auch nicht besser, dazu war die Stimmung insgesamt ein bißchen müde: war’s das Wetter, war’s das Bier, war’s der Clapton, waren’s wir? Jedenfalls hatte es „Slow Hand“ nicht leicht, das Publikum aufzuwärmen. Zum Glück hatte er in seiner Band einige Musiker aus der letzten Tournee mit dabei: voran den exzellenten Gitarristen George Terry, dem er fast alle Melodie- und Solo-Parts überließ, den bewährten Bassisten Carl Radle, sowie einen äußerst sicher und sauber spielenden Schlagzeuger, Jamie Oldaker. Sängerin Yvonne Elliman lag allerdings krank im Hotel, also mußte Marcy Levy den Gesangspart allein meistern. Sie überraschte nicht nur mit einer überwältigenden Stimme, sondern auch mit einem unfehlbaren Publikumsgespür.

Clapton hielt sich nicht nur an der Gitarre sehr zurück, er war überdies noch heiser und murmelte mehr, als daß er sang. Doch die Band brachte stellenweise so viel Energie über die Bühne, daß man die eher ruhig verlaufenden Passagen gern dafür hinnahm. Vor allem die Stücke seiner letzten LP klangen live um vieles besser und rockten richtig los, speziell „Hello Old Friend“, bei dem dann auch das Publikum richtig auf die Beine kam. Hinreißend auch Dylans „Knockin‘ On Heaven’s Door“, wo die Band unheimlich zusammen war und Marcy Levy eine absolute Glanzleistung bot. Clapton, der sonst den ganzen Abend kaum ein Wort von sich gab, ließ sich sogar zu ein paar Sätzen hinreißen, als er die lebhafte Sängerin vorstellte, die zwei Solo-Nummern brachte; eine davon war „Nobody Knows You When You’re Down And Out“. Außerdem spielte sie recht gut Mundharmonika. Und als die Stimmung wieder mal abzugleiten drohte, drehte sich der Maestro hilfesuchend um und meinte: „Ich glaub‘, jetzt bringen wir besser wieder die Lady zurück!“

Umjubelte Rückblende: Erich spielt „Layla“ und „Badge“

Im zweiten Teil dann ging s sehr bluesy zu, und Clapton schien plötzlich wach zu werden. „Key To The Highway“ geriet zu einem Marathon-Blues, bei dem keiner ein Ende fand, und als sich eins anbot, verschlief es der Organist. Also das ganze noch einmal von vorne – das war dann einfach zu viel. Clapton spielte hier zwar sehr präsent, aber mit wenig Gefühl und Ausstrahlung, die er auf der Bühne ohnehin kaum besitzt.

Der große Erich war wohl ausgepumpt am Ende dieser Tour – anderswo hinterließ er viel mehr Jubel und Begeisterung. In Bremen zum Beispiel, beim ersten Konzert auf deutschem Boden. „Badge“ (der alte Cream-Titel) und „Layla“ spielte er hier unter anderem, und beide Songs brachte er mit der Band so gut, daß sich die Leute an den Kopf faßten und „Wahnsinn“ murmelten. Unter dem Strich war’s also sicherlich eine herausragende Tournee, die manch schlechten Eindruck wettmachte, den Clapton in den Jahren zuvor auf der Bühne und auf Platten hinterlassen hatte.