M.I.A. hat ein neues Video mit H&M gemacht und wir sind verwirrt
Die britische Sängerin pfeift auf die abschreckende Wirkung von Großkonzernen und macht stattdessen lieber ein gemeinsames Video-Projekt.
Wir hatten euch ja schon vergangenen Monat die Kooperation von Sängerin M.I.A. mit dem schwedischen Bekleidungskonzern H&M angekündigt. Im Rahmen einer großen Kleidersammelinitiative wird vom 18. bis 24. April die „World Recycle Week“ von H&M stattfinden. Statt getragene Klamotten wegzuschmeißen, sollen sie gesammelt und zu neuen Teilen verarbeitet werden. Ziel ist es, in dieser Woche gut 1.000 Tonnen alter Kleidung von Kunden aus der ganzen Welt zu sammeln.
Dass man für diese Pro-Recycling-Kampagne ausgerechnet die britische Sängerin M.I.A. gewinnen konnte, löste jedoch weltweit und auch bei uns ein wenig Verwirrung aus. Nicht, dass es uns nicht von vornherein schon verwirrt hätte, aber wir sehen natürlich die gute Intention bei dem Projekt. Das fertige Resultat allerdings – das dreieinhalb Minuten lange, sehr schön choreografierte Corporate-Musikvideo zum Song „Rewear It“ plus fixiertem H&M Branding rechts im Bild – hinterlässt bei uns doch einen faden Beigeschmack. Natürlich überrascht es heute kaum noch jemanden, dass Marken wie die Telekom ihr eigenes Musikmagazin herausgeben („Electronic Beats“), dass iTunes ein Festival und Spotify eigene Sessions mit bekannten Musikern veranstalten. Aber wenn ausgerechnet die konsumkritische und haltungsstarke M.I.A. („Borders“) mit einem Mode-Konzern wie H&M ein Musikvideo macht, ist das schon ein wenig seltsam. Gleich am Anfang des Videos steht „H&M featuring M.I.A.“ – ein klares Signal, wer da auf wessen Hochzeit tanzt. Und auch wenn die Kampagne ein löbliches und wichtiges Ziel verfolgt und das Standing von M.I.A. dieser Initiative wahrscheinlich sehr viel Aufmerksamkeit verschafft, reden wir am Ende eben doch über H&M.
M.I.A.-Fans machten auf Facebook ihrem Unmut über diese besondere Kooperation Luft. Dort kritisierten sie, dass es sich bei dem schwedischen Klamotten-Giganten um eben jenes Unternehmen handelt, das Näherinnen in den Sweat-Shops von Bangladesch ausbeuten würde. Auch die alte Geschichte, als H&M nicht verkaufte Kleidung zerschnitt und wegwarf, taucht in diesem Zusammenhang wieder auf. So viel zum Thema Recycling-Vorreiter.
Dennoch zeigt das Video auf erstaunliche Weise, dass eine Künstlerin wie M.I.A. wohl ganz bewusst große Konzerne für ihre wohl idealistischen Ziele einspannt. Schon ihr Pro-Refugees-Video zum Song „Borders“ feierte seine Premiere auf Apple Music. Möglicherweise ist sie im Vergleich zu vielen anderen Kolleginnen und Kollegen im Musik-Biz lediglich unerschrockener, wenn es darum geht, Corporate und Kunst miteinander für den guten Zweck zu verbinden. Ob diese Zusammenarbeit ihrer Glaubwürdigkeit allerdings nachhaltig viel Gutes bringen wird, ist fragwürdig.