Mit einer illustren Schar von Gastsängern verabreicht der hauptberufliche Filmkomponist Craig Armstrong der Pop-Musik einen gehörigen Schuss Gravität.
Craig Armstrong, 43 Jahre alt und von recht wuchtiger Physiognomie, wirkt im hochdesignten Zimmer des Hamburger „Dorint“-Hotels ein wenig deplatziert. Und dann bringt der Zimmerservice auch noch den falschen Wein, Chardonnay statt Chablis! „Frevel“, murmelt Armstrong und nippt missvergnügt am Glas. „Ich mag keinen Chardonnay. Der ist immer so säuerlich.“ Na, hoffentlich färbt das nicht auf die Laune ab.
Aber nein, Armstrong macht es Spaß, über sich und seine Arbeit zu reden. Preise hat der Schotte, der mit seiner Familie nach wie vor im Osten Glasgows wohnt, fast im Dutzend für seine Musik zu Filmen wie „Plunkett & Macleane“ und „Romeo & Juliet“ abgesahnt, zuletzt eine Oscar-Nominierung und den Golden Globe für „Moulin Rouge“. Doch Filmmusik ist nicht alles: „Ich will nicht der Score-Schreiber vom Dienst sein“, sagt Armstrong und schenkt Wein nach. „Klar, die Film-Sachen machen den Großteil meiner Arbeit aus. Aber sie ermöglichen es mir auch, mich nebenbei anderweitig auszutoben.“ Und zwar im weiten Feld der Popmusik. Massive Attack, für deren Album „Protection“ Armstrong 1994 Arrangements und Pianoparts beigesteuert hatte, waren von der Zusammenarbeit mit ihm so begeistert, dass sie ihn mit seinem ersten Ausflug in die leichte Muse, seinem ’98er-Album „The Space Between Us“, auf ihrem Label prompt unter Vertrag nahmen.
Auch sein zweites „echtes“ Pop-Album „As If To Nothing“ kann mit seinen sphärischen Orchesterarrangements die Breitwand-Wurzeln Armstrongs, der schon von Madonna, den Pet Shop Boys oder U2 gebucht wurde, schwer verleugnen.
Armstrong hat für das Album jede Menge Gaststars gewinnen können. Evan Dando, Mogwai, die indische Sängerin Swati Natekar, Bono und Antye Greie-Fuchs von der deutschen Low-Fi-Band Laub leihen dem umtriebigen Glasgower ihre Stimme zu den samtig dahingleitenden Breitbandsounds. Wie kam die Zusammenarbeit mit Greie-Fuchs zustande? „Bei der Suche nach Kooperationspartnern habe ich mich durch Unmengen CDs gehört“, sagt Armstrong. Jemand schickte mir einen Stapel Alben des deutschen Independent-Labels Kitty-Yo, auf dem Laub veröffentlicht haben. Antyes Stimme hat mich sofort beeindruckt. Laub ist für mich die beste Band nach Massive Attack, ein Wunder, dass sie noch nicht deren Bekanntheitsgrad haben.“
Auch über die Kollaboration mit dem allseits als schwierig geltenden Evan Dando kann Armstrong nur schwärmen. „Ein wunderbarer Mensch. Ich liebe die Lemonheads wegen ihrer Stilvielfalt. Den Song ‚Wake Up In New York‘ konnte niemand anders als Evan singen, schließlich lemerda zur Zeit. „Selbst vor King Crimson-Einflüssen schreckt der Schotte nicht zurück. „Was heisst hier zurückschrecken?“, fragt Armstrong. „Ich halte ‚Red‘ von 1974 für eines der einflussreichsten Alben der Popgeschichte. Diese Platte hat mich nachhaltig in meinem Musik-Verständnis geprägt. Und sie liegt auch heute noch ständig auf meinem Plattenteller.“
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