Neu und gut: Golf
Es könnte echt sein: Golf aus Köln spielen mit dem Gegensatz zwischen glatten Oberflächen und unmittelbarer Authentizität.
Die Band Golf freut sich, das ist schön. Sie freut sich, weil ich ihnen eben gesagt habe, dass ich eine Verbindung zwischen ihrer Musik sehe und der der Gruppe Stabil Elite. Dieses Schimmernde. Dieses leicht Artifizielle, das dafür sorgt, dass die Emotionen, wenn sie dann doch durchkommen, Risse hinterlassen wie Erdbeben in kalifornischen Autobahnen. Und natürlich die Liebe zum wohl ausgestatteten Instrumentenpark, das eint beide Gruppen.
Bei dem 2011 gegründeten Quartett ist der Instrumentenpark indes nicht das Erste, was dem Zuhörer auffällt. Bisher verband man die Band vor allem mit Zweckentfremdungen. Mit dem „Plopp“ der Tischtennisbälle im „Ping Pong“-Video. Mit Müslischalen, die als perkussive Elemente dienen. Kontemporäre Field Recordings, die neben den aufwendigen Videos am Anfang der beste Selling Point der Kölner waren, aber jetzt eigentlich im Rückspiegel verschwinden könnten. Ganz so einfach ist es nicht, gerufene Geister machen es sich gerne bequem. „Ich habe neulich einen Field Recorder geschenkt bekommen. Sogar unsere Freunde reduzieren uns also darauf“, sagt Keyboarder Wolfgang Pérez und lacht.
Er weiß, dass das Unsinn ist, denn das gerade erschienene PLAYA HOLZ ist einer der spannendsten Entwürfe, den deutscher Pop dieser Tage zu bieten hat. Das liegt an zweier-, nein, an dreierlei: Neben erwähnter smarter Pop-Instrumentalisierung sind es vor allem die Texte, die Leichtes gedankenschwer antriggern, die mit Claims und Markennamen spielen – aber eben nicht Ping Pong, sondern eher Verstecken. Die Inhalte von Songs wie „iPhone“ oder „Tour de France“ haben mit diesen Schlagwörtern nicht mehr viel zu tun, sie dienen mehr als Brücke für persönliche Geschichten. Und trotzdem: Plötzlich sitzt Sänger André Dér in einem Konferenzraum der Berliner Plattenfirma, trinkt Blubberwasser (mit dem Strohhalm) und erzählt, warum er den Radsport liebt. Wichtiger, um den Brand-Approach zu verstehen, der die Golf-Songs durchzieht, ist die Tatsache, dass er mal in einer Werbeagentur gearbeitet hat.
Die dritte Geschichte, die von Golf erzählt werden muss, ist die des Produzenten. Thomas Hessler spielte früher selbst in einer Band, bei den stets viel zu weit unterm Radar segelnden Fotos.Er drang nicht nur tief in die Songs des Debütalbums ein, sondern war für die Band auch eine Art Coach. „Er hat uns nach dem ersten Konzert, das er sah, ganz genau gesagt, was er scheiße fand. Das war sehr hilfreich“, sagt Wolfgang.
Vor allem vermittelte er Golf an das Goethe-Institut in Vietnam, das die Band bald auf eine 17-tägige Konzertreise einlud. Das Ergebnis lässt sich im Video zur Single „Macaulay Culkin“ sehen, wo sich ein mit Riesenkopf ausgestatteter Wolfgang auf eine Art Konsumreise durch Ho-Chi-Minh-Stadt begibt. Das passierte wirklich, einen Tag lang bemühte er sich, Sachen zu kaufen. Luftballons, einen sehr großen Eimer, massig Lebensmittel. Die Reise zurück nach Deutschland schaffte bis auf ein Tuch keiner der Einkäufe. Geblieben ist aber ein Einblick in eine völlig andere Kultur und ein vietnamesischer Fanclub: Die Facebook-Gruppe „Golf – meine deutschen Jungen“ hat immerhin – Stand: Juli 2016 – 26 Mitglieder.
Klingt wie: Stabil Elite, Junior Boys, Joseph Beuys