Plattenbau, Motorroller und die Hand Gottes: Die neue Lieblings-Miniserie This Is England.
Im Film This Is England ließ Shane Meadows 2006 die britische Provinz des Jahres 1983 auferstehen, gebeutelt von Arbeitslosigkeit, Margaret Thatchers rigider Sozialpolitik und den Folgen des aufgezwungenen Krieges um die Falklandinseln. Hauptfigur Shaun, ein dicklicher Junge aus der Sozialsiedlung, schloss sich damals einer Skinhead-Gang an, erlebte Gewalt und Rassismus, aber auch Solidarität und Freundschaft. Drei Jahre später hat sich wenig geändert: This Is England 86 nennt sich die vierteilige TV-Serie, die Meadows nun als Sequel hinterherschiebt: „Ich wollte die Geschichte der ehemaligen Gang vertiefen“, so der 38-jährige Filmemacher, „erkannte aber auch, dass die heutige Situation in vielen Punkten mit der Realität des Jahres 1986 vergleichbar ist. Wir leiden wieder unter Rezession und steigender Arbeitslosigkeit.“ Ein deprimierendes Sozialdrama ist aber auch This Is England 86 nicht geworden, trotz der Trostlosigkeit der Plattenbausiedlung, der häuslichen Gewalt und der fragwürdigen Zukunftsperspektiven aller Beteiligten. Wofür vor allem der Humor der britischen Arbeiterklasse verantwortlich ist. Erneut spielt Popkultur eine tragende Rolle; was 1983 Ska, Reggae, Oi und Punk bedeuteten, tendiert drei Jahre später in Richtung Northern Soul und Modism – während Englands Fußballnationalteam „We’ve Got The World At Our Feet“ schmettert. Immerhin wird in Mexiko gerade um die Weltmeisterschaft gerungen, womit Shane Meadows gleich noch ein englisches Trauma inkorporiert: 1982 kämpften Briten und Argentinier im tiefsten Südatlantik um eine dünn besiedelte Inselgruppe Ihrer Majestät, 1986 steht man sich nun im Viertelfinale gegenüber, und die Emotionen kochen über. Denn England verliert, weil Maradona die „Hand Gottes“ walten lässt. Was an Symbolkraft kaum zu überbieten ist: Auf Glück, Fairplay und Gerechtigkeit zu hoffen ist Zeitverschwendung. Zumindest dann, wenn man aus der Hochhaussiedlung am Rande der Stadt kommt.
