Paul Collins‘ Beat – Nicht nur kalifornische Knäckermänner
Daß sich in Kalifornien und Umgebung alle Leute zur Musik von Fleetwood Mac und den Eagles die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, ist eine irrige, Annahme. Von der Liegestuhlgeneration ihrer Mütter und Väter unbemerkt, sind die Kids wieder zurückgekehrt zum Rock’n‘-Roll. Einer ihrer erklärten Favoriten, Paul Collins und seine Band, The Beat, brachten diese Erkenntnis jetzt mit nach Europa.
Die Umstände für den Auftritt im Hamburger Pö, dem einzigen Deutschland-Gig von Paul Collins‘ Beat, waren denkbar ungüngstig. hing doch die gesamte Anlage irgendwo zwischen Belgien und Schleswig Holstein beim Zoll fest brauche der Tonmixer der geliehenen PA fast eineinhalb Stunden zuviel, um auch dem letzten Rückkoppelungspfeifen den Garaus zu machen und Herr über die Akustik zu werden. Bestimmt kein Zuckerlecken für die Jungs, die gekommen waren, den Vorwurf, sie seien eine billige Knack-Kopie, zu entkräften. Daß es ihnen trotz aller Widrigkeiten gelang, ist zum Großteil Verdienst von Frontman Paul Collins, der es nicht nur versteht schnelle, lebendige Rock’n’Roll Songs ?u schreiben, sondern auch überzeugend zu präsentieren; zu zeigen, daß er weiß, wie man mit dem Publikum in kleinen Clubs umzugehen hat. was für ihn und seine langjährige Erfahrung spricht.
Es fing an im sonnigen Kalifornien. Als sich nämlich um 1976 König Disco anschickte, die Herrschaft über die Musikwelt zu übernehmen schloß sich Paul Collins mit einigen anderen Rebellen zusammen und gründete die Nerves, eine Band, die einige vorschnell in die Westcoast-New-Wave Schublade packten und die nichts zu tun hatte mit Discoklängen und Ähnlichem, folglich auch bei Club-Besitzern und Konzertveranstaltern in Ungnade fiel. Paul Collins: „Wir konnten wirklich nirgendwo spielen, und ich mußte sogar als Parkwächter arbeiten, bevor wir den Plattenvertrag bekamen. Das war sehr deprimierend zu sehen wie Leute Millionen von Dollar machten mit schrecklichen Discoplatten, und wir flogen aus jedem Club in Hollywood raus, weil das, was wir spielten, angeblich keine Musik war“.
Not macht erfinderisch und so organisierte Paul Collins mit einigen Freunden eben selber was: „Wir konnten nirgendwo spielen, also sagten wir uns fuck it, wir machen selber ’nen Laden auf: den Hollywood Punk Palace Hier konnten die Nerves spielen, aber auch andere Gruppen, wie The Weirdos, The Zippers und 20/20“.
Als die Nerves 1978 auseinanderfielen, gab Paul Collins das Schlagzeugspiel auf und wechselte stattdessen zur Gitarre: „Ich habe damals sehr viel geschrieben, und es ist schwer, Schlagzeug zu spielen und zu komponieren. Das fällt mit der Gitarre leichter, man kann besser kommunizieren“.
Durch eine Anzeige lernte er dann den Bassisten Steven Hu ff kennen und im legendären ,.Whisky a Go Go“ traf er den Trommler Mike Ruiz. Zu dritt produzierten sie nun in Stevens Wohnzimmer DemoBänder, die ihnen auch tatsächlich einen Vertrag mit der CBS einbrachten. Kurz vor dem endgültigen Studiotermin schleppte schließlich Mike seinen Freund Larry Whitman an, der fortan die Lead-Gitarre bedienen sollte. ,.The Beat“ waren komplett.
Die Aufnahmen glücklich und schnell im Kasten, standen die ersten Live-Auftritte ins Haus, bei denen den Musikern zugute kam, daß sie alle nicht erst seit gestern in der Los Angeles-Musik-Szene dabei waren. Paul: „Ich hatte meine Nerves-Vergangenheit, Mike war bei Milk’n Cookies (die auch eine, von Muff Winnwood auf Island produzierte, LP gemacht hatten) und Larry bei den Needles & Pins‘ .
Im Vorprogramm von Ian Gomm und The Jam tingelten sie an der Westküste durch kleinere Clubs, wie jetzt auch in Europa. Paul: „Wir sind eine neue Band und haben gerade unsere erste LP und ich glaube, daß es als Einführung für’s Publikum am besten ist, wenn wir da anfangen, wo alle anfangen, nämlich in den kleinen Clubs. Nur so können die Leute unsere Entwicklung verfolgen. In den Staaten kennen uns die Leute inzwischen, da ist es sinnvoll als Headliner zu spielen, aber hier bauen wir es erst auf, langsam aber sicher“.
Einen kleinen Rückschlag gab’s kürzlich, als sich herausstellte, daß es die englische Ska Gruppe , The Beat“ schon länger gab, folglich bei den Amerikanern eine Namensänderung vonnöten war. Deshalb nennt sich die Band jetzt Paul Collins‘ Beat, was aber auch eher der Frontmannrolle von Paul Collins entspricht. Er ist Sänger, Gitarrist und Songschreiber, zeichnet für alle Songs verantwortlich, läßt sich nur selten von Freunden, wie zum Beispiel Eddie Money, helfen. So hat er denn auch schon alle Titel für’s nächste Album fertig. Ende des Jahres soll es erscheinen und hat den Arbeitstitel „Will You Listen?“. Sollte es so locker losgehen wie das Debutalbum und der Pö-Gig, so kann ich diese Frage nur mit „Ja“ beantworten.