Pink Floyd aus Berlin nein – Tangerine Dream


MUSIK EXPRESS hat schon des öfteren über den neuen Trend, über die 'kosmische Musik' berichtet, der sich besonders viele deutsche Gruppen verschrieben haben und die in erster Linie auf dem Ohr-Label ihre Heimat gefunden hat. Neulich traf ich mich mit Christoph Franke von der Berliner Gruppe 'Tangerine Dream' zu einem längeren Gespräch, in dem wir versuchten zu ergründen, worin der besondere Reiz dieser neuen musikalischen Dimension liegt.

ENTSPANNTE ATMOSPHÄRE

Christoph machte auf mich einen ausgesprochen ‚coolen‘ Eindruck, und ich kann mir vorstellen, dass diese total entspannte Atmosphäre, die bei unserem Gespräch vorhanden war, bei ansteigender Popularität von Gruppen wie Tangerine Dream, Popol Vuh, Klaus Schulze, Ash Ra Tempel, Agitation Free, usw. sich von den Plattenrillen direkt auf die deutsche, und bald auch auf die internationale Musik-Landschaft ausbreiten wird. Schon jetzt blickt Amerika erwartungsvoll auf unsere ‚kosmischen‘ Bands und wie eine grossangelegte Story im auflagenstarken US-Musikblatt ‚Rolling Stone‘ zeigt, ist der erste Schritt ins grenzenlose Musikall bereits getan, auch wenn dieser Kosmos nur Amerika heisst.

MITTE DER 60er JAHRE GING ES LOS

Christoph erzählte mir, dass er Mitte der 60er Jahre, beeinflusst durch Pink Floyd, zum Mitbegründer der Berliner Gruppe ‚Agitation Free‘ wurde, deren neueste LP mit dem Titel ‚Malesch‘ wir bereits im Longplaylook des vorletzten Heftes vorstellten.

Als Klaus Schulze Tangerine Dream verliess und als Solist und Komponist seine Laufbahn fortsetzte (Quadraphonische LP ‚Irrlicht‘), räumte Christoph Franke seinen Platz hinter dem ‚Agitation Free‘-Schlagzeug und füllte die Lücke, die bei T.Dream entstanden war. Diese Gruppe, bestehend aus dem Gitarristen Edgar Fröse, dem Organisten Hans-Peter Baumann und Christoph am Schlagzeug, ist inzwischen mit ihren drei LP’s ‚Electronic Meditation‘, ‚Alpha Centauri‘ und dem neuen Doppelalbum ‚Zeit‘ einer der populärsten Vertreter der kosmischen Musik.

ZUKUNFTSMUSIK

‚KOSMISCHE MUSIK‘ heisst auch ein kürzlich erschienenes Doppelalbum, auf dem alle bisher genannten Formationen mit Ausnahme von Pink Floyd und Agitation Free vertreten sind. Lange Zeit stand dieser von Synthesizern und anderen elektronischen Instrumenten geprägten Musik der Ruf im Wege, es handle sich um ausgesprochene Trip-Klänge.

CHRISTOPH FRANKE, der selbst noch nie LSD ‚getestet‘ hat, darf sich freuen, dass dieses Vorurteil langsam aber sicher in der Versenkung verschwindet. Vielleicht wird man in Zukunft einmal seine Schallplatten aus den Lautsprechern von Supermärkten und Flughäfen erklingen hören…

NOCH KEINE SONGTEXTE

Auffallend ist, dass auf den kosmischen LP’s kaum mit Texten gearbeitet wird. Christoph meinte zwar, für ihn sei es interessant die Musik für sich sprechen zu lassen, aber ich kann mir vorstellen, dass man mit kosmischen Texten, wie sie David Bowie schon heute erfolgreich produziert, den Ausflug ins innere Weltall noch überraschungsvoller gestalten könnte, zumal es auch in Deutschland einige einfallsreiche Kosmo-Dichter gibt (Nicht verzagen, Lutz mal fragen!).

Bleibt abschliessend nur noch zu hoffen, dass auch in den nächsten Jahren den Jungs von Tangerine Dream und den übrigen ‚Machern‘ der kosmischen Musik der Sinn für Abwechslungsreichtum nicht verloren geht.