Tag der Entscheidung


Mit "Down The Drain" liefern sie ein rundum gelungenes Album ab. Doch Gurd stehen am Scheideweg: ewiger Zweiter oder US-Karriere?

Gitarrist und Sänger V. O. Pulver ist genervt: „Es ist schon bitter, wenn du siehst, daß die Leute, mit denen du in die Schule gegangen bist, in der Zwischenzeit viel Geld haben. Und plötzlich merkst du, daß sie denken, du seist ein fauler Musiker, der den ganzen Tag nur herumliegt.“ Selbstmitleid ist dennoch kein Thema. Und das Grausen kriegt Pulver auch nicht, wenn wieder mal eine Tournee als Vorband ansteht. „Solange wir als Supportband Geld verdienen, ist es okay.“ Damit wird der sympathische Basler seinem Ruf einmal mehr gerecht, ein beinahe fanatischer Musiker zu sein. „Mir reicht ein Dach über dem Kopf und Geld, um was Eßbares oder neue Gitarrensaiten zu kaufen.“ Und das ist kein Spruch, den ihm das Management vorgeschrieben hat: Pulver lebt schon seit Jahren von der Hand im Mund. Dabei entscheiden sich die meisten in seinem Alter endgültig für eine sichere Karriere.

Das Wort „Karriere“ bedeutet bei Gurd in erster Linie Arbeit. Seit ihrem letzten Album „D-Fect“ haben sie vier Tourneen bestritten,zwei davon als Supportband. Während der letzten Tour blieben sie in Schweden im Studio hängen und spielten ihr neues Album ein: „Bands sagen so etwas andauernd, aber ‚Down The Drain‘ ist das Album, das wir schon immer machen wollten“, schwärmt Pulver, „denn wir konnten Schlagzeug, Bass und Gitarren live aufnehmen.“ Tatsächlich wirkt der Vorgänger „D-Fect“ etwas steif, wenn man ihn mit der geballten Energie von „Down The Drain‘ vergleicht. V.O. Pulver nennt dafür einen einfachen Grund: „Du konzentrierst dich im Studio viel zu stark darauf, alles perfekt zu spielen, anstatt mit den anderen zu grooven.“ Das neue Album klingt entsprechend organisch, doch trotz aller Qualitäten werde die nächste Tour schon „ein bißchen eine Entscheidung“ werden, meint Pulver. Zum zweiten Mal wird Gurd Europa zusammen mit den Amerikanern Pro Pain bereisen, zum ersten Mal erhalten sie sogar ein bißchen Geld dafür. Sollte sich danach keine Band mehr finden, die bereit ist, Gurd zu bezahlen, würden sie eben versuchen, eine eigene Tour zu organisieren. Ans Aufhören denken Gurd aber nicht: „Unser Vertrag läuft über drei weitere Platten. Die werden wir sicher auch machen.“ Während der letzten Tour mit Pro Pain hat sich zudem eine Perspektive aufgetan: „Es bestehen Pläne, daß wir irgendwann nach Amerika ziehen. Pro Pain sind dabei, eine eigene Management- und Plattenfirma aufzuziehen. Sie sind interessiert, in Zukunft mit uns zu arbeiten.“ Europatournee hin, Amerika her: Erfolg wäre Gurd allemal zu gönnen.