The Damned


Fast sieben Jahre mußten hiesige Damned-Fans auf die Rückkehr der Punk-Legende warten. Remember 1979? The Damned hatten „New Rose“ lange hinter sich und debütierten in Germany mit der bewußt stillosen zweiten LP Music For Pleasure und einer zusammengewürfelten Live-Besetzung, der auch der spätere Culture-Club-Schlagzeuger John Moss angehörte. Für die damals knapp halbgefüllten Häuser waren The Damned schon das Ding von Gestern; folglich ließ man sich kaum dazu hinab, diesen vermeintlich aufgewärmten Punk-Rock zu beklatschen und überließ das Feld der Handvoll beinharter Pogo-Punks, die vor der Bühne drängelten.

19B5, Punk-Rock ist längst passe, hat sich das Bild geändert: Die Pogo-Punks vor der Bühne sind älter geworden, die Ränge sind gefüllt mit Fans aller Altersstufen: The Damned haben mit dem neuen Repertoire ihrer Phantasmagoria-LP (ähnlich wie vor ihnen The Stranglers) das Punk-Ghetto verlassen und neue Türen aufgestoßen.

Bei gelöschtem Licht läuft als Overtüre eine Collage aus Opern-Melodien, Residents-Arien und anderen exotischen Klängen, die Punk-Puristen, Batcave-Ghouls, ältere Beobachter mit Nachholbedarf und blutjunge Pop-Fans gleichermaßen ungeduldig von einem Fuß auf den anderen wechseln läßt. The Damned ’85 sind eine perfekte Show-Band: Just in dem Moment, wo niemand die entnervende Klangkulisse mehr ertragen kann, stürmen The Damned auf die Bühne und dürfen sich einer johlenden Begrüßung erfreuen.

Sänger Dave Vanian ist lange nicht mehr der transsylvanische Kellner früher Tage, sondern ein souveräner Entertainer, der jeden Quadratmeter Bühne ausnutzt und sein Mikrofon wie eins seiner Körperteile behandelt, es nie aus der Hand gibt. Seine durchtrainierte Erscheinung und seine filmreife Frisur machen Vanian zu einem attraktiven Blickfang, der die abgrundtiefe Häßlichkeit der neuen Bandmitglieder in den Hintergrund drängt.

Nachdem Cpt. Sensible solo Karriere macht und durch Roman Jugg ersetzt wurde, ist von der Urbesetzung neben Vanian nur noch Drummer Rat Scabies dabei. Sein vorantreibendes Spiel verhindert, daß die neuen Damned zur Dave Vanian-Show werden: Scabies peitscht die neuen, poppigen Songs energiegeladen nach vorne, nützt jeden kleinsten Break, um die Arme gen Decke zu recken, die Sticks durch die Luft zu wirbeln und nach scheinbar endloser Verzögerung punktgenau auf die Felle krachen zu lassen. Diese Energieleistung sorgt dafür, daß so manches neue Stück nicht im thermoplastischen Klassikmatsch versinkt, den der wenig einfallsreiche Keyboarder gelegentlich dick einfließen läßt; was auf der letzten LP interessante Abwechslung bringt, wirkt live stellenweise wie ein Rückgriff auf Frühsiebziger-Bombast-Fusionen a la Deep Purple.

Aber Profis wie The Damned wissen, was sie ihren Fans schuldig sind und wie man ein Programm aufbaut: Geschickt eingestreute Klassiker wie „Neat Neat Neat“, „Smash It Up“, „Love Song“ und das unvermeidliche „New Rose“ sorgen für Stimmung in der Halle; neue Hits wie „Grimly Fiendish“ und „Shadow of Love“ setzen mit euphorischen Melodien die Counterparts.

Nach etlichen Zugaben blieben die Fans noch auffällig lange im Markthallen-Foyer und pflegten ihre gute Stimmung mit zahllosen Bieren (aus Pappbechern! Wir sind auf ’nem Punk-Konzert!). Ein gelungener Abend. Band kann wiederkommen.