The Doors – The Doors Box Set


Lastende Orgelakkorde, hypnotisches Getrommel, die Stimme aus dem Pandämonium:“They got the guns, but we got the numbers. Let’s take it over baby, COME ON.“ Die Musik wird leiser, ein schriller Schrei, dann die Haßtirade:“lhr seid eine Bande verdammter Idioten!“ Applaus.“Laßt euch von anderen sagen, was ihr tun sollt! Laßt euch von anderen herumschubsen!“ Zustimmende Zwischenrufe. „Wie lange soll das weitergehen? Wie lang wollt ihr euch das gefallen lassen?“ Betretenes Schweigen. „Vielleicht mögt ihr das! Vielleicht gefallt es euch herumgeschubst zu werden! Vielleicht liebt ihr es, wenn man euer Gesicht in den Dreck stößt! Wißt ihr was? Ihr seid eine Bande von Sklaven.“ Die Musik wird lauter, überschlägt sich, der Sänger kreischt“Was tut ihr dagegen? Was tut ihr dagegen?“ Miami, Florida, 1969, das Skandalkonzert der Doors, bei dem Jim Morrison die Hosen runterließ. Warum diese Einleitung? Weil „Five To One“, Opener des langerwarteten DOORS BOX SET, zeigt, was auf den Hörer zukommt: Nicht um Heldenverehrung geht es auf diesen vier CDs, nicht um den Weiterbau an einem Denkmal. Ungeschönte Tondokumente sind das, aus einer Zeit, als Rock noch Rebellion,Sex, Glück und den Aufbruch in eine bessere Welt verhieß. Zu zeigen, was Musik vermochte und – vielleicht-immer noch vermag, darum geht es hier, vier Stunden und 20 Minuten lang. Drei Jahre lang haben Ray Manzarek, John Densmore, Robbie Krieger und Produzent Bruce Botnick an dieser Box gearbeitet. Statt auf der sicheren Seite zu bleiben und eine großangelegte, lediglich neu abgemischte Best-Of-Retrospektive samt einiger ausgewählter Kostbarkeiten anzubieten, gingen sie den riskanten Weg und präsentieren auf drei CDs rares SudiomateriaI.Alternative- und Demotracks, unveröffentlichte Live-Aufnahemen, einschließlich eines kompletten Gigs vom Januar 1970 im New Yorker Madison Square Garden. Unverbesserliche werden bemängeln, daß einige Mitschnitte nur Bootleg-Qualität haben. Stimmt. Nur, „Five To One“, „Rock Me“ oder „Money“ aus Vancouver.wodie Doors von Blues-Bruder Albert King begleitet wurden, „I Can’t See Your Face In My Mind“oder „Crystal Ship“beide aus dem Matrix in San Francisco (1967) – stehen durch ihren historischen Wert und die Intensität der Performance über allen Kategorien des tontechnischen Reinheitsgebots. Aber der Reihe nach: CD 1 -„Without A Safety Net“ betitelt -enthält neben einer Bar-Jazz-Version von „Queen Of The Highway“ und Demos späterer Klassiker, „Who Scared You“vom nicht mehr erhältlichen Sampler WEIRD SCENES INSIDE THE GOLD MINE, die bisher unveröffentlichte Ballade „I Will Never Be Untrue“ und als Highlights die 17 minütige Jam-Session „Rock Is Dead“von 1969, ein Abgesang betrunkener Doors auf den Rock’n’Roll, der in Albinonis „Adagio in g-Moll“ mündet, die Live-Orgie „Black Train Song“ und das Shanty „Whiskey, Mystics And Men“. Auf CD 2 („Live in New York“) werden diverse Doors-Knüller gereicht, dazu erstmals „real live“ Van Morrisons „Gloria“ (die Fassung auf IN CONCERT entstand im Studio) und John Lee Hookers „Crawling King Snake“. Zwischendrin zeigt Morrison Sinn für Humor, als er das Publikum auffordert, für die Nationalhymne aufzustehen – und sich die Band in ein kochendes „Money“ stürzt. Zum Finale gibt’s „The End“, 17 Minuten lang und wie alle anderen Songs des Big-Apple-Konzerts in bis dato ungehörter Fassung. Famose Work-In-Progress- und Livedokumente enthält auch CD Numero 3 („The Future Ain’t What It Used To Be“), einschließlich der allerersten Demo-Aufnahme („Go Insane“, 1965) und einem Song („Break On Through“) vom letzten Doors-Konzert im Sommer 1970 auf der Isle Of Wight. Das Juwel aber heißt hier „Orange Country Suite“, von Morrison solo am Klavier eingespielt und Jahre später von den anderen mit größtmöglichster Zurückhaltung vollendet. CD 4 („Band Favourites“) bietet von „Light My Fire“ bis „Riders On The Storm“ alles, was das Herz begehrt. Weiteres Plus: das opulente Booklet mit unveröffentlichten Fotos und schlauen Essays.

Warum noch lange drumherumreden? Hier ist das einzig wahre Vermächtnis einer grandiosen Band, ein „Trip to the end of the night“. Essentiell.