The Lemonheads – Köln, Bürgerhaus Stollwerk
No Hippiekram: Nach seiner folkigen Solo-Rückkehr 2003 gibt Evan Dondo jetzt wieder den wortkargen Indie-Stoiker.
Ein munter plauderndes Thirtysomething-Völkchen hat sich im Stollwerk eingefunden. Es gilt, das Comeback des Jahres zu bestaunen: die Rückkehr Evan Dandos unter dem Banner der Lemonheads. Spannung liegt über dem Raum, als Dando die Bühne betritt. Recht undramatisch kommt er hinaufgeschlurft, lobt erst mal freudig die über die Hallenlautsprecher dudelnde Pausenmusik -..Turn up that Teenage Fanclub-Cassette!“und hängt sich die Gitarre um. Es sollen seine letzten gesprochenen Worte des heutigen Abends sein. Zum Einstieg wird erst mal ein wenig rumgegniedett. Moment mal: Hatte Evan Dando nicht vorab versprochen, diesmal allen Hippiekram wegzulassen, stattdessen breit aufs Post-Punk-Pop-Pedal zu latschen und den Emo-Kindern zu zeigen, wer der Sheriff in der Stadt ist? Ja, hat er, und er lässt Taten folgen. Ein kurzer Blick zum Schlagzeuger, und los geht’s. Mit „Great Big No“ starten die neuen Lemonheads in ein anderthalbstündiges Best-Of-Set, und das rüstige Publikum kennt kein Halten mehr: Man bekommt tatsächlich ein wenig AUersgänsehaut, wenn man einen mit knapp 2000 Zuschauern prall gefüllten Saal Hits wie „Confetti“. „Turnpike Down“ und It’s A Shame About Ray“ singen hdrt. Noch schöner: Auch die Songs vom neuen Album werden bereits auswendig mitgesungen.
Dando selbst tut wenig, um die Stimmung anzuheizen, und das steht ihm gut. Würde er jetzt auch noch zum Mitklatschen animieren oder die hitzige Menge ranschmeißerisch anrocken, könnte man ihm tatsächlich vorwerfen, hier einen wärmelnden Retroabend zu veranstalten. Aber der zurückgekehrte Kreuzritter des Alternative Pop, der Prinz Charming des Indie, ist tatsächlich der coolste Frontmann, den man seit langem gesehen hat. Während sich die solide spielenden Indierock-Chargen an Bass und Schlagzeug tüchtig reinwerfen, steht Dando regungslos vorm Mikro. den zackig geschnittenen Pony in den Augen hängend, und schrammelt seine Gibson. Sagenhaft gut sieht er aus für einen knapp vierzigjährigen Ex-Drogenvogel, und diese Stimme gewinnt ohnehin jederzeit alle Schönheitswettbewerbe. Aber Dandos Coolness hat im schlimmsten Fall auch etwas Hilfloses: Er will ins musikalische Hier und Jetzt, keine Frage, und das schafft er auch. Aber er hat einiges an Kraft in der Vergangenheit gelassen. Man merkt deutlich, dass er sich enorm konzentrieren muss und wie aus einem Kokon herausmusiziert. Bei seinem Repertoire und Talent ist das zum Glück kein Problem. Selbst im akustischen Mittelblock lu.a. mit einem anrührenden „Outdoor Type“] gerät er nicht ins Dudeln. Männer in Lederjacken wischen sich Tränen aus den Augenwinkeln, es wird getanzt. Am Schluss gibt es noch eine Runde Feedback und Verstärker-Drohnen für alle, dann verschwindet der Zurückgekehrte wieder. Hoffentlich lässt er es sich bis zum nächsten Mal gut gehen.
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