Tibetan Freedom Concert, New York City, Randall’s Island
TANZT DEN WELTFRIEDEN! Beastie Boy Adam Yauch hatte gerufen, und alle sind gekommen – Stars und Sternchen, Altmeister und Nachwuchs-Aktivisten. Nach dem ’96er Festival in San Francisco ist diesmal die Ostküste an der Reihe: ein Weekend voller Musik, Soul Food und frommen Worten. Doch im Gegensatz zum Golden Gate Park in San Francisco erweist sich das Downing Stadium auf Randall’s Island als Stimmungskiller. Der Sound ist miserabel, die Security brutal, die Logistik eine Katastrophe. Um die einzelnen Bands auf den zwei Bühnen zu erleben, bedarf es endloser Fußmärsche durchs sonnige Rund. Im Eingangsbereich, der zugleich als Ausgang dient, werden die Besucher zusammengequetscht wie die Ölsardinen. Der sandige Boden überzieht alles mit einer Staubschicht. Schatten findet sich nur in den Toilettenhäuschen. Während Chuck D. und der tibetanische Oppositionelle Palden Cyatso sich auf den Bühnen über Menschenrechte, Humanität und den Boykott chinesischer Produkte auslassen, wird das Fest des Friedens zur Hölle auf Erden. 16 Stunden glühende Hitze, 30.000 aggressive Kids und 25 Acts, die sich redlich, aber längst nicht immer erfolgreich bemühen, dem Ticketpreis von 80 Dollar gerecht zu werden. Porno For Pyros warten mit barbusigen Stripperinnen auf, U2 wirken ohne Multimedia-Schnickschnack fast unbeholfen, und Noel Gallagher schrammelt sich als Solist durch einen Best-Of-Oasis-Set. Ganz anders A Tribe Called Quest, die Dope Beats mit starken Worten paaren. Lichtblicke auch: Patti Smith und Radiohead. Sonic Youth dagegen lassen ein dreißigminütiges Lärmgewitter übers Publikum niedergehen. Viel besser,ja sogar Höhepunkt der ganzen Veranstaltung, ist der Auftritt der Foo Fighters, deren vitaler Punk-Pop die Kraftreserven des erschöpften Auditoriums noch einmal mobilisiert.
Der nächste Morgen beginnt mit einer Überraschung. Eddie Vedder und Mike McCreedy werden als Special Guests aus dem Hut gezaubert, klampfen „Keep On Rockin‘ In The Free World“- und entschwinden genauso plötzlich, wie sie erschienen sind. Danach regiert die Abwechslung. Pavement, die Mighty Mighty Bosstones und Rancid übernehmen im fliegenden Wechsel die Bühne mit De La Soul, Lee Perry.Taj Mahal und Blur. Kommt gar nicht übel an, das Ganze. Doch anschließend wiegen Alanis Morissette und R.E.M. die Massen auch schon wieder in einen zeitweiligen Schlummer. Lustlos dargebotene Balladen unter sengender Sonne passen hier einfach nicht ins Konzept. Björk dagegen paßt ganz prima, wird ihrem Ruf als skurriler, unterhaltsamer Paradiesvogel voll und ganz gerecht. Im rosafarbenen Glitzerkleidchen bestreitet sie einen 3ominütigen Set, der außer „Hyper-Ballad“, „Human Behaviour“ und „Isobel“ ausnahmslos neue Songs enthält. Ein achtköpfiges Streicherensemble zelebriert dabei Getragenes zu frechen Loops und bizarren Gesangspassagen. Dann die Beastie Boys. Als sie ihr „Root Down“ anstimmen, steht das Stadion aller Unbilden zum Trotz am Ende doch noch Kopf. Auch bei „Sure Shout“,“Get It Together“ oder „Sabotage“ werden Yauch und Co. frenetisch gefeiert. Ein paar Jazz- und Hardcore-Einlagen bescheren ihnen schließlich stehende Ovationen. Das reicht, um allen Mißmut ob der katastrophalen Rahmenbedingungen zu überspielen. Love, Peace & Harmony sind nun doch noch in the house – nach 16 Stunden und 25 Bands.