#TOA15: Unterwegs auf dem Tech Open Air 2015
In Berlin fand vom 15.-17. Juli das Tech Open Air statt, laut eigener Aussage ein interdisziplinäres Technologie-Festival. Wir haben uns am ersten Tag mal umgesehen.
Eine alte Teppichfabrik geht mit neuer Technik scheinbar schlecht zusammen. In Berlin-Friedrichshain aber funktioniert diese Kombination – zumindest für drei Tage im Juli. 3-D-Drucker unter Bäumen, W-Lan zwischen bröckelndem Wandputz. Programmier- statt Bastelstunden für Kinder: Beim Tech Open Air 2015, das vom 15.-17. Juli und insgesamt zum vierten Mal stattfand, bekommt das Backend der Berliner Start-up- und Kreativszene ein Gesicht.
Bei einem Spaziergang über das mit Bars, Ständen, Couches und Stehtischen gemütlich hergemachte Gelände der Alten Teppichfabrik schnappt man zwangsläufig so viele Floskeln wie Sprachen auf: „Fremdkapital“, „engineering tipps“, „exactly“, „einfach machen!“, „Du hast keine Karte von ihr?!??“ etwa heißt es da, die Besucher kommen unter anderem aus Deutschland, USA, Indien und China und arbeiten in Berlin oder wollen hier arbeiten. Manche investieren womöglich sogar – einen Anzug trägt hier aber keiner, auch keine Konferenz-Badges. Beim Tech Open Air soll man unvoreingenommen ins Gespräch kommen. Rundherum werden kostenlose Croissants und Energy Drinks gereicht, Unternehmen wie Zalando, Outfittery, Mini und Co. buhlen um die Aufmerksamkeit der Besucher, vielleicht twittert ja einer was oder wird später Kunde.
Und auf den Bühnen? Sprechen zum Beispiel Daniel Haver von Native Instruments und Eric Wahlforss von Soundcloud darüber, was sie für die Gegenwart und Zukunft der Musik – die einen auf der Produzenten-, die anderen auf der Konsumentenseite – bisher getan haben und noch zu tun gedenken. Da geht es um offene Dateiformate, mobiles Deejaying, Advertiser, Vertrieb und Talentmagnet Berlin. Iepe Rubingh, CEO von Chessboxing Global, erzählt erfrischend kurzweilig, wie aus seinem „Intellectual Fight Club“, dem sogenannten Schachboxen, ein international erfolgreiches Geschäftsmodell wurde. „Ohne Freemium-Modelle und dergleichen, nur mit Tickets, Merchandise und prominenten Fans!“, so Rubingh. Ob Workshops, Screenings, Installationen, Tête-à-Têtes, Performances – alles kann, nichts muss beim Tech Open Air.
Während sich auf der Digitalkonferenz re:publica neben Bloggern, Journalisten und Netzaktivisten zunehmend ein Querschnitt all derer findet, die das Internet für mehr als nur Facebook und E-Mails nutzen und dessen zunehmenden Einfluss auf fast jedes gesellschaftlich relevante Thema verfolgen, spricht das Tech Open Air eine spitzere Zielgruppe an und will gleichzeitig offener sein: Als zwangloses Zusammenkommen konzipiert, pitchen hier CEOs und andere Branchenplayer potentiellen Nachwuchskräften ihre vermeintlichen oder tatsächlichen USPs und ihre Gründungsmythen, Wissenschaftler, Entrepreneure und Künstler treffen aufeinander. Frank Underwood sagte in „House of Cards“ einmal, es ginge um Visionen, nicht Versionen, er könnte auch diese Szene hier gemeint haben. Es soll, so scheint es, um Inspiration, ums Kennenlernen, ja ums Netzwerken gehen. Nebenbei dürfte es aber auch um Recruiting, also irgendwie doch um die Zukunft gehen. Man kann aber auch einfach Kaffee oder Bier trinken, abhängen, Livemusik hören, Essen und mit Bekannten oder noch Unbekannten quatschen. Wie auf einem ganz gewöhnlichen Festival.
Das Tech Open Air 2015 fand vom 15.-17. Juli 2015 mit über 4000 Teilnehmern, 120 Speakern und 140 Satelliten-Events statt und wurde vom Musikexpress mitpräsentiert.