„Uns war Wichtig: Das Darf Nie In Stress Ausarten!“
"Band-Typ" CONOR OBERST über sein neuestes Projekt, die "total" demokratische Supergroup MONSTERS OF FOLK, die Segnungen und Schwierigkeiten, mit Freunden zu musizieren und warum es Zeit ist, die Phase Bright Eyes abzuschließen.
2004 warst du mit deinen jetzigen Monsters-Of-Folk-Kollegen auf Tour, damals hieß das „An Evening With Jim James, M. Ward & Conor Oberst„. Wurde da die Idee für das Album geboren? Ja, in der Tat. Und dann ist immer wieder was dazwischengekommen. Es gab auch ein paar Fehlstarts, wo schon ein Studio gebucht war, und dann hat’s doch nicht geklappt, dass wir uns alle freischaufeln konnten. Wir haben alle so viel um die Ohren. Für dieses Projekt war uns deshalb wichtig: Das darf nie in Stress ausarten. Wenn also irgendwer doch kurzfristig absagen musste, war das völlig okay. Darum hat’s eben gedauert. Was ist für dich besonders an der Arbeit mit M.Ward, Jim James und Mike Mogis?
Viele meiner Freunde sind Musiker. Aber es ist selten, dass du mit jemandem auf privater Ebene richtig eng befreundet bist und gleichzeitig auch musikalisch auf der gleichen Wellenlänge liegst. Es ist mir oft passiert, dass ich versucht habe, mit guten Freunden Musik zu machen, und es nicht funktionierte. Und dann gibt es Leute, die ich als Musiker verehre, mit denen ich aber nicht gerne Zeit verbringen würde – weil es persönlich nicht hinhaut. Bei Monsters of Folkpasst beides. Ich habe sehr viel gelernt durch der Zusammenarbeit mit diesen Jungs. Manche Sachen machen die anders als ich – und es war einfach cool, bei diesen tollen Musikern einen Blick hinter den Vorhang zu erhaschen.
Fiel es leicht, mit Leuten zu arbeiten, die selbst Bandchefs und gefeierte Songwriter sind? Du musstest doch sicher einiges an Kontrolle abgeben.
Klar – und das war ja gerade so neu und spannend für mich. Ich arbeite eng mit Mike (Mogis, Oberst-Vertrauter und Bright-Eyes-Mitglied) zusammen, aber es ist eigentlich meine eigene Vision, die ich verfolge. Ich bestimme, wie meine Songs klingen sollen. Das war hier ganz anders. Totale Demokratie! Mit Leuten zu arbeiten, die selbst genaue Vorstellungen haben, war großartig. Es gab keine Spannungen, überhaupt nicht. Jeder hat die Ideen der anderen aufgesogen.
Wie sah das konkret aus?
Wir haben uns Demos und Ideen zugeschickt. Songanfänge. Akkorde. Refrains. Zeilen. Hier was am Text geändert, da einen Akkord. Der Ausgangpunkt für einen Song war immer die Idee von einem von uns, auf der wir dann gemeinsam aufbauten.
Beschreib doch kurz deine Monsters-of-Folk-Kollegen persönlich und musikalisch.
Jim James ist Als Sänger ein Naturtalent wie kaum jemand anderer. Er hat so viel Soul. Ich will jetzt nicht zu hippiemäßig klingen – aber er scheint echt eine besondere Verbindung zum Universum zu haben. M. ist auch ein totaler Schatz, interessant, furchtbar schlau – und einer der wahnsinnigsten Gitarristen, die es gibt. Seine Songs haben für mich eine besondere Qualität, sie beruhigen mich. Wenn’s zum Beispiel Turbulenzen im Flugzeug gibt oder ich lrgendwie ängstlich drauf bin, lege ich M. Ward ein, das entspannt mich. Und dann natürlich Mike, er ist so was wie mein Bruder. Er hat so viel Talent, spielt so viele Instrumente … Und sein Gehör!
Kannst du mit dem Stempel „Supergroup“ was anfangen?
Nicht wirklich. Wir sehen uns einfach als Band. Uns ist natürlich klar, dass das für die Leute schon irgendwie was Besonderes ist, weil wir alle unsere eigenen Bands und Karrieren haben … Ich denke da nicht drüber nach.
Als es zuletzt hieß, Conor Oberst geht solo, dauerte es nicht lange und du hattest die Mystic Valley Band um dich. Du bist ein Band-Typ, oder?
Absolut. Für mich geht es vor allem darum, mit Leuten zusammen zu sein. Musik zu machen mit Freunden. Das macht einfach viel mehr Spaß, als wenn du alleine da stehst.
Soloalben, die Mystic Valley Band, Bright Eyes, diverse Kooperationen, jetzt noch Monsters of Folk – wird dir das manchmal zu viel? Oder brauchst du das Songschreiben im täglichen Leben?
Ich schreibe gar nicht die ganze Zeit. Die Songs kommen in Wellen zu mir. Definitiv kann ich auch Monate aushalten, ohne einen Song zu schreiben. Aber so lange die Songs kommen, singe ich sie. Dann nehme ich sie auf. Und wenn sie nicht mehr kommen, dann mache ich Pause oder suche mir was anderes.
Hast du mal eine Schreib- blockade durchgemacht?
O ja. Schon öfters. Eines der schrecklichsten Gefühle, die ich kenne. Aber ich glaube, es ist so: Es gibt die Zeiten, in denen ich die Dinge um mich herum in mich aufsauge und es kommt nichts aus mir heraus. Und dann kommt wieder die Phase, wo alles raus muss.
Du hast kürzlich gesagt, dass du nur noch ein Album mit Bright Eyes machen willst. Warum ist es Zeit, sich von der Band zu verabschieden?
Das wurde etwas falsch interpretiert. Ja, ich würde gerne noch ein Album machen. Aber ich mache unter diesem Namen Musik, seit ich 15 bin. Für mich ist der Punkt gekommen, diese Phase meines Lebens abzuschließen. Ich fühl mich heute wie eine andere Person als die, die viel von dieser Musik geschrieben hat. Darum ist es sinnvoll, jetzt aufzuhören. Außerdem sehe ich Bright Eyes als Band, mit Mike und Nate Walcott. Und so sehr ich die zwei liebe: Ich möchte lieber frei sein und andere Sachen finden. Und ohne die beiden würde ich das niemals Bright Eyes nennen. Das wäre nicht fair.
Und Monsters of Folk? Ist das tatsächlich der Start einer neuen Band, von der man weitere Alben erhoffen darf?
Wir sind da tatsächlich alle sehr offen, ich würde gern noch eine Platte machen. Aber wir haben eben alle so viel zu tun. Es könnte also fünf bis zehn Jahre dauern, bis wir es wieder schaffen.