Von der Schönheit der Verlierer
Vom Kap zum Talkin' Blues - Everlast setzt auf musikhistorischen Crossover. Und er erzählt von der Einsamkeit - auf seiner neuen Platte wie im Interview.
„Keiner fällt in Ohnmacht, wenn ich den Raum betrete. Ich bin normal, Mann“, sagt Erik Schrody, besser bekannt als Everlast. Schon richtig, der Mann sieht nicht gerade aus wie Brad Pitt. In seinem weißen Trainingsanzug und ausgelatschten Sportschuhen würde er auch in einen Trailer Park passen. In den mobilen Häusern leben die ärmsten der Amis, zynisch auch „menschlicher Müll“ genannt, die Everlast auf seinem dritten Solo-Album white trash be-AUTIFUL besingt. In Wahrheit ist der 34-Jährige ein kommerziell und künstlerisch höchst erfolgreicher Mensch. Er begann bei Ice-T’s Rhyme Syndicate Cartel und gründete darauf die irisch-amerikanischen Rapper House Of Pain. Als der Erfolg nachließ, startete er eine Solo -Karriere. Während der Aufnahmen zum Debüt WHITEY FORD sings the BLUES erlitt Everlast einen Herzschlag und bekam eine künstliche Herzklappe eingesetzt, mit wilden Partys war Schluss. Um so mehr Zeit hatte er fortan, Songs zu schreiben.
Abdul Jalil Erik Schrody, wieviele Gebete hast Du heute schon gesprochen?
ERIK schrody: Heute habe ich noch nicht gebetet, aber das kann man nachholen. Wie jeder Moslem spreche ich fünf Gebete pro Tag, doch manchmal bete ich viermal hintereinander, bevor ich zu Bett gehe.
Ist es ein Problem, Moslem im Amerika des George W. Bush zu sein?
Er will keine Probleme mit Moslems, das hat er von Anfang an klar gemacht. Am Tag nach 9-11 ging er in eine Moschee in Washington D.C. Der Grundgedanke des Islam ist friedlich und tolerant. Ich gehöre keiner organisierten Religion an, denn das geht immer schief. Die Idee des Islam ist meine Wahl und der Versuch, mich selbst zu verbessern und eine Beziehung zu meinem Schöpfer zu haben.
Wie reagieren die Menschen, denen Du von Deinem Glauben erzählst?
Sie sind perplex, ich bin ein wandelnder Widerspruch. Als tätowierter, weißer Ire mit katholischem Hintergrund bin ich Rockstar und Moslem in Amerika.
(lacht) Zu Deiner Musik. Wann wurde Dir klar, dass sie dem traditionellen Talkin’Blues ähnelt?
Mein Erzählen kommt vom Rap. Ich nehme alle Dinge, die mich im Leben inspirierten und vermische sie. Das macht auch ein DJ mit seinen Platten. Ich mag John Lee Hooker, aber ich wollte ihm nie nacheifern. Die erste Musik, die ich liebte, war HipHop, der sich bekanntlich überall bedient. Mit der Haltung eines HipHoppers gehe ich jetzt an alte Musik und mache etwas Neues draus.
Wann hast Du Gitarrespielen gelernt?
Als kleines Kind, obwohl ich kaum Unterricht bekam. Als Teenager spielte ich erneut ein, zwei Jahre, dann begann ich zu rappen, da brauchte ich keine Gitarre. Wenn du im Musikgeschäft bist, rindest du überall Gitarren, im Bus und im Studio. Ich schrieb ein paar Songs, doch ich war ein engstirniger Rapper und hätte nie gedacht, dass ich sie aufnehmen würde.
white trash beautiful entholt ein enormes Spektrum, es reicht von Klassik, Country, Irish Folk bis zu Classic RockIch kenne sehr viel Musik. Statt einer Plattensammlung hab‘ ich nurnoch einen iPod. Ich liebe dasTeil! Ich höre alles und gebe jedem Song eine Chance. Hip Hop muss sich öffnen, es gibt zu viele Typen, die verrückt spielen. Ihnen geht’s nur um knallende Champagnerkorken und nackte Mädels in Videos. Sie sehen aus wie Clowns, aber sie meinen es ernst. Alle machen exakt dasselbe.
Die Songs handeln von Verlierern, von „menschlichem Müll“.
Wie gesagt, ich war nie arm. Es gibt diese Einkommensgrenze, wenn du darunter liegst, bist du White Trash. Ich singe über arme Weiße ohne viel Bildung, das sind die wahren Menschen, die das echte Leben leben. Zuhause bin ich total anti Showbusiness. Die einzigen Promis, mitdenen ich abhänge, sind meine Buddies von Cypress Hill und Sean Penn – der ist der einzig richtig berühmte Typ, den ich kenne.
Du hast Freunde in Trailer Parks?
Ja, ich kenne Typen, die fahren mit ihrem Haus umher. Der Song „White Trash Beautiful“ handelt von Einsamkeit und dem Leben auf der Straße. Ich bin kein Trucker, meine Freundin ist keine Kellnerin, aber ich bin dauernd unterwegs, ich weiß wovon ich singe und habe nur die Charaktere verändert. Einsamkeit ist das Thema meiner Platte. Ich bin nicht verheiratet, habe keine Kinder, aber eines Tages wird es soweit sein. Bis dahin lebt meine Freundin in San Francisco und ich in LA. So sitz‘ ich viele Nächte allein zuhause und schreibe Songs.