Werchter Festival – Werchter, Belgien
Meine Erwartungen an dieses Festival waren eigentlich recht hoch, denn schließlich spielten dort mit den Undertones und Toots & The Maytals die beiden Bands, die mir dieses Jahr so ziemlich am besten gefallen haben. Keine leichte Aufgabe also, besonders für die Undertones, die ja der Prototyp der Gas-gebenden Club-Band sind. Ihr Auftritt gefiel mir denn auch lange nicht so gut wieder, den ich kürzlich in London sehen durfte. Bei einem Open-Air-Auftritt mittags um zwölf geht einiges von dem, was in einem Club sonst „rüberkommt“, unweigerlich verloren. Eine Tatsache, die auch den Undertones nicht verborgen blieb, denn ein wenig Nervosität schlich sich doch hin und wieder ein. Dennoch: ein guter Act.
Weniger Sorgten machte ich mir da um Toots & TheMaytals, die gleich anschließend auf der Bühne standen. Ihr Auftritt beim Roskilde-Festival vor 30.000 Zuschauern war die creme de la creme so gut, daß sogar das ausgezeichnete Live-Album dagegen verblaßt. Ich möchte einen dicken Beutel Ganja wetten, daß dieses Konzert eins’der mitreißendsten war, die Toots jemals außerhalb von Jamaica gegeben hat.
Auch wenn’s für mich der beste Teil des Festivals war, so kam nie die euphorische Stimmung von Roskilde auf. Man merkte nur zu deutlich, daß besonders die ersten Bands straff in ihrem 60-Minuten-Block gehalten wurden. Titel, die in Roskilde durch unglaubliche Improvisationen und Spielfreude glänzten, fielen in Werchter um einiges kürzer und uninspinerter aus.
Während Toots das Paradebeispiel für jenen Charaktertypen sein ist der Publikum völlig miteinzubeziehen sucht, ist Elvis Costello, der Toots auf der Bühne ablöste, das spiegelbildliche Gegenteil. Seitdem bei Herrn Cotelleto die griffigen Pop-Songs einem schrägen, leicht avantgardistischen Sound gewichen sind, macht sich seine Introvertiertheit noch stärker bemerkbar. Der kleine Elvis versteckt sich hinter seiner Brille, und zieht ungerührt sein Programm durch. War das anfänglich noch ganz reizvoll, so fiel die Spannung dann doch rapide ab. Zudem gefallen mir die alten Stücke, die leider nur noch wenig Raum neben dem TRUST-Material einnehmen, in ihrer ursprünglichen Version besser.
Nach Costello’s unterkühltem Auftritt stand Cure auf der Bühne. Genau wie Costello sind auch sie von ihrem ehemaligen Pfad abgewichen. Ihr Liveact entsprach unterm Strich etwa der neuen LP FAITH: Öde!!! Laut Kollege und Piraten-Sympathisant Ulli Guldner zählen sie sich ja selbst auch zu den New-Romantics. Cure-Leader Robert Smith symbolisierte das auch damit, daß er das gleiche Kopfband wie Möchtegem-Pirat Steve Strange trug. Dazu passend die Musik. Alles im Zeitlupen-Tempo, viel langsamer und ausgedehnter als früher, streckenweise mit fürchterlich wabernden Keyboards. Absoluter Tiefpunkt: „Funeral Party“ Nomen est Omen!! Wer mir erklären kann, wo da ein Unterschied zu Warzbands wie BJH, Saga, Yes und Konsorten ist möge sich bitte umgehend bei mir melden. Wahrscheinlich verstelle ich die Nuancen zwischen Neu- und Altromantik nicht. Sony!!
Auch nicht unbedingt in Hochform war Robert Paktier, dessen Songs nur meinen Geschmack allzu sehr dahinplätschern. Alles sehr gekonnt doch einfach zu glatt. Gegen Ende schob Palmer zwar noch ein paar Kohlen nach, doch den Gesamteindruck konnten auch rockige Stücke wie „Jealous“, „Bad Case Of Lovin‘ You“ und „Looking For Clues“ nicht mehr revidieren.
Der End- und Höhepunkt (?!) des Abends waren Dire Straits. Da wir (als gebrannte Kinder) uns schon denken konnten, daß Knopfler & Co ohnehin nur Gähnen auslösen würden,, zogen wir es – wie viele andere doch lieber vor, das Festival vorzeitig zu verlassen.
Resümee: Ein Festival ohne absolute Höhepunkte mit zeitweilig ordentlichen Bands, die ich aber alle schon mal in besserer Form gesehen habe. Kein Kompliment auch an die Veranstalter. Wer mit den Undertones ‚anfängt und eine laid-back-Kapelle wie die Dire Straits als Headliner einsetzt, der zeichnet sich nicht gerade als Durchblicker aus.