Wie Prada gerade den hässlichsten und schönsten Winterschuh verkauft
Wie Prada Schuhe spoilert und warum UGGs ein ewiger Trend bleiben. Jan Kedves' Stil-Kolumne.
Der erste Schuh: Buh! Der zweite: Juchhu! Beide sind von derselben Brand. Schon bizarr, wie die Mailänder Luxusmarke Prada in der gerade endenden Wintersaison 23/24 sowohl den hässlichsten wie den schönsten Schuh verkauft. Der Schönste heißt „Diapason“, vermutlich muss man den bulligen Rindsleder-Halbschuh als Derby bezeichnen, doch obendrauf sitzt rundum diese Wulstnaht, wie man sie von Mokassins oder den Clarks-„Wallabees“ kennt. Auf diese Naht ist eine extrafette, nach oben abstehende Gummiwulst gesetzt.
Ein komplett unnützes Ornament, das irgendwie deplatziert wirkt, aber fast auch praktisch, wie ein Zitat aus der Sportswear. Eine ähnlich irritierende Wirkung hätte es wohl, wenn man einen fetten Porsche-Spoiler auf einen Rolls-Royce kleben würde, mit dem man eh nie schneller als 120 km/h fährt.
Der „Diapason“ ist ein Geniestreich
Kann man mit dem „Diapason“ gut gehen und laufen? Gute Frage, dem Autor wurde leider kein Testpaar zur Verfügung gestellt. Schon möglich, dass die Gummiwulst beim Abrollen etwas die Zehen quetscht. Dennoch: Der „Diapason“ ist ein Geniestreich, und er markiert für Prada einen Full-Circle-Moment. Denn die Marke gehörte in den Neunzigerjahren mit ihrem legendären „America’s Cup“-Sneaker ja zur Avantgarde jener Traditions-Luxushäuser, die sich allmählich ins Segment der Sportswear und der Sportschuhe vorwagten.
Heute, wo Luxus-Sneaker nun wirklich nichts Neues mehr sind, kann die Innovation nur in die andere Richtung führen: Man appliziert ein random Sneaker-Element auf einen traditionellen Lederschuh. Iconic! Umso enttäuschender sind die „Stiefeletten aus Lammfell“ von Prada. Wären sie nicht so teuer (1.290 Euro), müsste man sie als billige UGG-Kopie bezeichnen. Klar, der UGG-Trend ist never-ending, seit UGG-Boots zum Standardschuh von Celebrities wurden, die in Malibu „ungestylt“ mit Starbucks-Becher und dicker Sonnenbrille vor die Paparazzi schlurfen, als seien sie gerade vom Sofa gerutscht.
Paris Hilton, J Lo, Bella Hadid. Es gab schon Luxus-Versionen der uggly Pantoffel-Boots, von Bottega Veneta, Chloé und Balenciaga. Aber die waren stärker verfremdet. Bei Prada hat nur die Sohle ein minimal gröberes Profil, der Rest sieht quasi identisch aus. Als hätte jemand aus der Finanz-Etage gesagt, dass es dumm wäre, am UGG-Trend nicht mitzuverdienen, und zwei Minuten später war das „Design“ fertig. Vorschlag an alle, die meinen, sich diese Stiefeletten kaufen zu müssen: Nehmt lieber normale UGGs (150 Euro) und dazu den „Diapason“ (990 Euro), und spendet die restlichen 150 Euro für einen guten Zweck.
Diese Kolumne erschien zuerst in der Musikexpress-Ausgabe 2/2024.