Cannes 2018: Netflix erklärt dem Filmfestival den Krieg
Eigentlich wollte Netflix in Cannes für Gala-Premieren und gute Presse sorgen. Nun zieht der Streaming-Dienst seine Filme zurück. Grundlage ist ein Streit, der bereits 2017 entfacht wurde.
Im vergangenen Jahr war Netflix das große Thema bei den Filmfestspielen von Cannes, dem wichtigsten Event der Filmbranche. Die Organisatoren haben zwei Filme des Streaming-Anbieters in den Hauptwettbewerb genommen, obwohl Filme im Wettbewerb den Regeln nach eigentlich in Frankreich im Kino laufen müssen. Bekanntlich behält sich Netflix seine Eigenproduktionen aber exklusiv für die eigene Mediathek vor, auch „Okja“ und „The Meyerowitz Stories“, die zwei Filme im Wettbewerb, liefen nicht in Frankreich an – auch nachdem die Festivalleitung den Streaming-Dienst um zumindest einen kleinen Release gebeten hat.
Sowohl Netflix als auch die Cannes-Leitung ernteten viel Kritik, 2018 sollte die Kontroverse vermieden werden. Im März beschlossen die Organisatoren, dass Netflix kategorisch aus dem Wettbewerb um die Goldene Palme ausgeschlossen wird. Unabhängig davon war aber geplant, dass Netflix einige ihrer exklusiven Filme in anderen Sektionen des Festivals zeigen darf – nur eben ohne Aussicht auf Auszeichnungen.
Grundlage für Respektlosigkeit
Am Donnerstag folgt nun eine kleine Kriegserklärung seitens des Streaming-Dienstes aus den USA. Netflix wird alle seine Filme vom Festival abziehen, verzichtet auf die Gala-Premieren und die Werbefläche, die Cannes für neue Filme bietet. „We want our films to be on fair ground with every other filmmaker“, sagte Ted Sarandos, der Content-Chef von Netflix. Der Ausschluss aus dem Wettbewerb definiere laut Sarandos eine Stimmung, in der die Netflix-Filmemacher potenziell respektlos behandelt werden könnten.
Der Ausschluss aus dem Festival und die Tatsache, dass sich eine neue Regel des Festivals konkret gegen Netflix richtet, widerspreche dem Geist eines jeden Filmfestivals auf der Welt, so Sarandos weiter. Die Filme, die nun von Netflix aus Cannes abgezogen werden, hätten eigentlich für viel Gesprächsstoff gesorgt: Paul Greengrass war mit seinem Breivik-Biopic „Norway“ auf dem Weg nach Cannes, Alfonso Cuaron („Gravity“) mit seinem neuen Film „Roma“. Dazu sollten „Hold the Dark“ von Jeremy Saulnier sowie der verschollen geglaubte und nun restaurierte „The Other Side of the Wind“ von Orson Welles in Cannes Premiere feiern.