Kevin Barnes


Mit seiner Band Of Montreal pendelte Kevin Barnes in den vergangenen Jahren zwischen quirligem Indie, Funk und glamourösem Camp. Entsprechend eklektisch ist der Soundtrack seines Lebens.

Diese Musik hat mich bei der Arbeit an unserem neuen Album Paralytic Stalks besonders inspiriert …

KRZYSZTOF PENDERECKI

„THRENODY tO THE VICTIMS OF HIROSHIMA“ (1960)

Ich hörte das Stück das erste Mal in Stanley Kubricks „The Shining“. Über den Komponisten wusste ich nichts. Erst bei der Zusammenarbeit mit Jon Brion an unserem Album False Priest habe ich mich intensiver mit Penderecki beschäftigt, und Jon spielte mir das ganze Stück vor. Es machte mir bewusst, wie ausdrucksstark eine Komposition sein kann, wenn man sich von der Gattung des einprägsamen Popsongs wegbewegt und tiefgründigere Stimmungen anstrebt.

Bei diesem Song kann sich mein Bühnen-Alter-Ego „Georgie Fruit“ am besten ausleben …

OF MONTREAL

„ST. EXQUISITE’S CONFESSIONS“ (2008)

Der Gedanke an sexy Soulmusik lässt mich sofort an Marvin Gaye denken. Prince hingegen steht eher für sexy Popmusik. Ich wollte mit der Erschaffung von „Georgie Fruit“ einen neuen Typus in die Welt setzen, der ebenfalls sexy ist. Bei „St. Exquisite’s Confessions“ kann sich mein Alter Ego völlig fallenlassen. Ich trete großspurig auf, und das genieße ich sehr. Wenn wir den Song live spielen, dann kann es durchaus passieren, dass im Publikum jemand schwanger wird, so viel Sex-Appeal schwingt darin mit!

Diesen Song singe ich meiner kleinen Tochter vor …

THE BEATLES

„I WILL“ (1968)

Für mich hatte „I Will“ schon immer den Charakter eines Schlaflieds. Es ist gleichermaßen süß und traurig, eine Erzählung über ein Treffen mit einem Mädchen, das man noch nicht kennt. Und trotzdem liebt man es. Meine Tochter hat dieses Gefühl in mir ausgelöst, bevor sie überhaupt geboren war. Ich konnte es kaum abwarten, sie kennenzulernen. Als sie dann auf der Welt war, liebte ich sie noch mehr! Irgendwann habe ich angefangen, diesen Song zu singen, wenn ich sie zu Bett brachte.

Als Liebhaber von Wortspielen bin ich von diesem Song besonders begeistert …

IGGY POP

„LUST FOR LIFE“ (1977)

Die Textzeile „Well, I’m just a modern guy. I’ve had it in my ear before …“ hat mir schon immer gefallen. Das Bild, das dadurch bei mir entsteht, ist seltsam, aber auch lustig. Man kann sich einfach keinen Reim darauf machen, was genau Iggy in seinem Ohr hatte. War es ein Penis? Vielleicht eine Spritze? Insgesamt bleibt der Text sehr vage und mysteriös. Im Zusammenhang mit der Leidenschaft und der Spontanität der Musik ergibt das einen großartigen Song. Wild und schwer zu bändigen. Lustigerweise wird das Lied in Amerika im Werbespot einer Kreuzfahrtgesellschaft verwendet, die Senioren eine Schiffsreise schmackhaft machen will.

Wir covern live ja so ziemlich alles, aber dieser Song ist mit Abstand unser Favorit …

NIRVANA

„SMELLS LIKE TEEN SPIRIT“ (1991)

Wir covern gerne. Dabei geht es uns vor allem darum, auf der Bühne Spaß zu haben. Am Anfang fühlte es sich ein wenig komisch an, einen so legendären Song zu spielen, weil die Leute ihn schließlich mit der Person Kurt Cobain verbinden. Sobald die Leute aber anfingen, wie verrückt zu dem Lied abzugehen, waren unsere Bedenken verflogen. Es fällt auch schwer, ruhig zu bleiben, wenn das Stück irgendwo läuft, weil es klingt wie ein kräftiger Tritt in den Hintern! Wir sind dem Original deswegen recht treu geblieben. Es ist ziemlich toll, einen Song lang in der Haut von Nirvana zu stecken.

Wer aus Athens, Georgia kommt, muss wohl auch einen Lieblingssong von R.E.M. haben …

R.E.M.

„HARBORCOAT“ (1984)

Mir gefallen in erster Linie die frühen Veröffentlichungen von R.E.M. wie ihre EP „Chronic Town“ oder ihr zweites Album Reckoning. „Harborcoat“ ist einer meiner Lieblingssongs, weil die Melodie ein einziger großer Ohrwurm ist und die Gitarren sich großartig in das Gesamtkonzept einfügen. Außerdem ist Michael Stipe ein fabelhafter Sänger. Er verfasste abstrakte Lyrics, dachte sich selbst Wörter aus, ohne unverständlich zu sein oder den Zuhörer damit zu überfordern.

Randnotizen

* Gerüchten zufolge spielt der Bandname Of Montreal auf eine gescheiterte Beziehung an, die Kevin Barnes mit einer Frau aus Montreal einging. Die Liebe endete, der Bandname ist bis heute geblieben.

* Barnes wurde 2004 zum ersten Mal Vater. Dieses Ereignis prägte ihn so sehr, dass er seiner Tochter Alabee ein Jahr später auf dem siebten Of-Montreal-Album The Sunlandic Twins den Song „So Begins Our Alabee“ widmete.

* Als Comedy-Trio bestehend aus ihm, seiner Frau Nina und seinem Bruder David veröffentlichte Barnes 2003 eine EP. Die fünf Songs fanden kurze Zeit darauf in neuen Versionen ihren Weg auf das Of-Montreal-Album Satanic Panic In The Attic.

* Auch Beyoncés kleine Schwester Solange Knowles gehört zum Of-Montreal-Umfeld. Auf False Priest (2010) wirkte sie beim Song „Sex Karma“ mit. Barnes revanchierte sich bei ihr als Produzent ihres dritten, noch unveröffentlichten Albums.